Sachmangelhaftung – Umgehungen als Irrwege
Seit 1. Januar 2002 gilt die neue, EU-weite Sachmangelhaftung, d. h. mindestens ein Jahr Gewährleistung für Gebrauchtwagen. Hinzu kommt, dass Sie als Verkäufer in den ersten 6 Monaten ab Verkaufsdatum nachweisen müssen, dass ein reklamierter Mangel bei der Fahrzeugübergabe noch nicht vorhanden war. Dass dieses Gesetz im Kfz-Fachhandel nicht unbedingt kollektiven Freudentaumel ausgelöst hat, mochte angesichts der Anforderungen, die es mit sich gebracht hat, zunächst verständlich sein. Nicht verständlich waren und sind vielfältige Versuche, die seither unternommen wurden und immer noch unternommen werden – die neue Gewährleistungspflicht zu umgehen. Denn inzwischen hat sich das neue Recht etabliert und die Prozessbereitschaft ist gestiegen. Selbst relativ sicher scheinende Umgehungen haben sich als illegale Irrwege herausgestellt:
Bastlerfahrzeuge
Quer durch die Republik fand eine wundersame Vermehrung solcher Fahrzeuge statt. Ob in dem besonders dreisten Augsburger Fall, in dem ein 4 Jahre alter Van für stramme 13.500 € tatsächlich als „Bastlerfahrzeug“ deklariert und verkauft wurde – oder beim Kleinwagen für 2.000 €, der mit frischem TÜV, aber als Bastlerauto losgeschlagen wurde – hier haben inzwischen die Gerichte einen Riegel vorgeschoben: Die Formulierung „Bastlerfahrzeug“ bedeutet eine unzulässige Verminderung der Verbraucherrechte, insbesondere vor dem Hintergrund, dass ein Fahrzeug über den TÜV gebracht wurde, woraus zu schließen ist, dass der Pkw noch längere Zeit am Straßenverkehr teilnehmen soll. Ähnliches gilt für:
Gewährleistung und Bastlerfahrzeug
Auch die Beschaffenheitsvereinbarung im Sinne des §434, Abs. 1, BGB, bis hin zur Bezeichnung „Bastler-Fahrzeug“ oder „Schrott-Fahrzeug“ gehört zum Thema Sachmangelhaftung.
Praxis-Fall
Ein Kläger (Konsument) hatte bei beklagtem Autohaus ein Gebrauchtfahrzeug mit einer Laufleistung von ca. 50.000 km als „Bastler-Fahrzeug“ gekauft. Es wurde vereinbart, dass dieses Fahrzeug vor dem Kauf noch vom Autohaus durch die HU gebracht werden sollte. Nach erfolgreicher §29-Abnahme wurde das Fahrzeug an den Kläger ausgeliefert. Bald darauf kam es zu einem Kabelbrand. Die Reklamation des Klägers wies das Autohaus zurück, deshalb verlangte der Kläger die Rückabwicklung. Der Klage war stattzugeben. Aus der Bezeichnung „Bastler-Fahrzeug“ kann das Autohaus hier nichts zu seinen Gunsten herleiten. Diese Formulierung stellt hier eine unzulässige Verminderung der Verbraucherrechte dar. Grundsätzlich haben die Parteien zwar die Möglichkeit, Mängel oder Eigenschaften des Fahrzeugs zu „benennen“, um so das Vorliegen eines Mangels im Rechtssinn „begrenzen“ zu können. Der pauschale Hinweis auf ein „Bastler-Fahrzeug“ genügt jedoch insbesondere dann nicht, wenn das Fahrzeug wie hier auch noch vereinbarungsgemäß durch die HU hat gebracht werden sollen und damit zur Benutzung im Straßenverkehr verkauft worden ist.
Schrottautos
In den AGBs eines Händlers war sinngemäß geregelt worden, dass es sich bei dem verkauften Fahrzeug um ein „Schrottauto“ handele, wobei kein Einzelteil ohne Mängel sei. Ein Gericht kam zu dem Ergebnis, dass eine solche Klausel nicht rechtskräftig ist. Die Entscheidung wird damit begründet, dass die Formulierung offensichtlich nicht ernst gemeint sei, weil sich aus einem dem Kaufvertrag zugrunde liegenden Zustandsbericht das genaue Gegenteil ergebe, so die Richter, und das Gericht wies auch darauf hin, dass die Bezeichnung „Schrottauto“ einen Widerspruch in sich darstelle. Denn ein tatsächlicher Schrottwagen habe seine Fahreigenschaften bereits verloren.
Freiwilliger Verzicht
Viele Händler haben versucht, ihre Kunden über Preisnachlässe zu bewegen, auf die Gewährleistung zu verzichten. Im Kaufvertrag wurde dieser Verzicht natürlich ausdrücklich festgehalten – vergeblich! Solche Klauseln sind rechtswidrig und daher ungültig, denn ein Käufer kann gar nicht auf seine Rechte aus der Sachmangelhaftung verzichten.
Rollender Schrott zum Kilopreis
Besonders kreativ dünkt sich ein Händler in Nordrhein-Westfalen, der keine Gebrauchtwagen mehr, sondern nur noch „rollenden Schrott zum Kilopreis“ verkauft, immerhin noch zu mehreren tausend Euro je „Schrottstück“, aber natürlich ohne jegliche Gewährleistung. Auch wenn er seine Kunden sogar entsprechend informiert und hier noch kein rechtskräftiges Urteil vorliegt, ist Ulrich May, Leiter ADAC Verbraucherschutz in der juristischen Zentrale in München, sich sicher: „Solche Vertragsklauseln stellen eine Umgehung der gesetzlichen Regelung dar und sind unwirksam.“
Verkauf als Vermittlung
Auch Händler, die versuchen, Autos über vorgeschaltete Privatpersonen zu verkaufen und selber nur als Abwickler in Erscheinung zu treten, sind „schief gewickelt“. Im Fall der Klage eines Kunden wegen eines nachträglich festgestellten früheren Totalschadens und eines manipulierten Tachos entschied das Bonner Amtsgericht für den Käufer auf Rücknahme und Schadenersatz. Die Tatsache, dass der Händler im Internetausdruck als Kontaktadresse benannt war, eine Ankaufsquittung, die ihn als vorherigen Käufer des Fahrzeugs auswies und die Prüfbescheinigung einer AU, die er selbst in Auftrag gegeben hatte, ließen für das Gericht nur den Schluss zu, dass der Händler auch Verkäufer des Fahrzeugs war.
Aus Privat- wird Geschäftsmann
Diese Verwandlung wollte ein Autohändler beim Verkauf eines Gebrauchtwagens vornehmen, indem er mittels einer Regelung in seinen AGBs „davon ausging, dass der Käufer das Fahrzeug zu gewerblichen Zwecken nutzen will und als Gewerbetreibender zu diesem Zwecke kauft“. Dass eine solche Klausel unwirksam ist, bestätigt ebenfalls die Entscheidung eines Amtsgerichts.
Versuche, übers Wasser zu laufen
Wer rechtlich bedenkliche oder gar unlautere Mittel anwendet, um die Gewährleistung auszuschließen, anstatt sie seriös und legal abgesichert wenigstens auf ein Jahr begrenzt anzubieten, haftet im Zweifelsfall volle zwei Jahre! Der ZDK weist ebenfalls darauf hin, dass in der Regel alle Versuche, die Sachmangelhaftung durch AGBs auszuschließen, unwirksam sind mit der Folge, dass der Händler nach dem Gesetz auch bei Gebrauchtwagen zwei Jahre für Sachmängel zu haften hat.
Auch beim Thema „Beweislastumkehr“ verstehen Gerichte keinen Spaß, wie (nicht nur) dieser Fall zeigt: Ein Kfz-Händler hatte einen Geländewagen untersucht und ihn einen Monat später guten Gewissens als „mängelfrei“ verkauft. Danach jedoch stellte sich ein Defekt der automatischen Freilaufnabe heraus. Das Gericht befand, die gründliche Untersuchung eines Gebrauchtfahrzeugs müsse zeitnah zum tatsächlichen Verkauf erfolgen. Der Zeitraum von einem Monat sei derartig lang, dass eine Beschädigung des Fahrzeugs in diesem Zeitraum möglich sei. Es liege deshalb ein Sachmangel mit Anspruch auf Erstattung der Reparaturkosten vor.
Der Kunde ist erwacht – oder wird geweckt
Wer es anfangs nicht wahrhaben wollte, wurde durch die Rechtsprechung also mittlerweile eines Besseren belehrt: Die EU-Richtlinie zur Gewährleistungspflicht wurde grundsätzlich zum Schutz des Verbrauchers erlassen. Und der hat seine Rechte und Ansprüche inzwischen registriert – und lernt derzeit schnell, sie durchzusetzen und auch einzuklagen. Dazu tragen nicht nur Medien bei, sondern naturgemäß auch der Berufsstand, der sein Geld damit verdient. Der zeitaufwendige Gang in die Anwaltskanzlei ist für den zu Recht oder Unrecht streitwilligen Autokäufer allerdings nicht mehr nötig. Im Internet findet er z. B. über die „Deutsche Anwaltshotline“ oder den „Anwalt am Telefon“ speziell zur Sachmangelhaftung Beratung und Beistand direkt am Telefon – von 8 bis 24 Uhr, für 1,86 € pro Minute, zu bezahlen mit der Telefonrechnung. Die Hemmschwellen zu klagen sind also für den Endverbraucher deutlich niedriger geworden. Doch als Kfz-Fachhändler muss Ihnen davor nicht bange sein: Mit der Gewährleistungs-Restrisikoversicherung (GRRV) von CarGarantie sind Sie bestens gewappnet. Die GRRV schützt Sie gegen die finanziellen Risiken der Sachmangelhaftung über die Garantie hinaus, gegen eventuelle Anwalts- und Gerichtskosten und den damit verbundenen Zeitaufwand zuverlässig!
Quelle: CarGarantie, Freiburg